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Rezension: Night on Earth (DVD)

"Night on Earth", ein Film des Regisseurs Jim Jarmusch, erzählt 5 Episoden, die sich nachts in Los Angolos, New York, Paris, Rom und Helsinki jeweils zwischen einem Taxifahrer und den Fahrgästen zutragen. Gesprochen wird stets die Landessprache. Den deutschen Untertiteln ist nicht immer der gesamte Dialog zu entnehmen, wodurch die finnische Episode sich möglicherweise nicht jedem sofort erschließt. Jarmusch zeigt Verhaltensmuster von Menschen in ihrer ganzen Bandbreite, thematisiert Toleranz und Intoleranz, Mitgefühl und Niederträchtigkeiten. Wann ist ein Mensch ein Mensch?

Sehr schön ist die erste Episode. Hier macht eine junge Taxifahrerin, deren Lebenstraum es ist, Mechanikerin zu werden, unmissverständlich klar, dass die Filmwelt nicht der Nabel der Welt ist. Sie lehnt das lukrative Angebot ihres Fahrgastes, einer Schauspieler-Agentin (Winona Ryder) ab, als Schaupielerin Karriere zu machen. Die beiden Frauen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft zollen sich bemerkenswerten Respekt. Sehr berührend.

Ebenfalls unter die Haut geht die zweite Szene, als sich ein ehemaliger Clown aus Dresden (Armin Müller-Stahl), der sich in New York als Taxifahrer über Wasser halten möchte, von seinem Fahrgast, einem liebenswerten, etwas durchgedrehten Schwarzen, Fahrunterricht erteilen lässt, weil er selbst sein Arbeitsgerät noch nicht wirklich beherrscht. Die beiden Unbekannten mögen sich auf Anhieb und lachen miteinander. Ein gutes Beispiel, dass Fremde, die sich ohne Argwohn begegnen, gute Zeit miteinander haben können.

In Paris hat ein Taxifahrer von der Elfenbeinküste zunächst Ärger mit seinen schwarzen Fahrgäste aus der afrikanischen Oberschicht, die ihn als Underdog behandeln. Er aber ist selbstbewusst genug, ihnen die Grenzen aufzuzeigen. Ein weiterer Fahrgast in der Pariser Nacht ist eine Blinde. Hier zeigt der Schwarze seine Sensiblität und sein ganzes Feingefühl. Die Blinde allerdings ist unwirsch, weil sie offenbar Panik davor hat, als Behinderte bemitleidet zu werden. So entstehen Missverständnisse. Angst ist oft die Ursache für Kommunikationsblockaden.

Die Episode in Rom fand ich skuril. Der Taxifahrer beichtet seinem Fahrgast- einem Priester, ohne das dieser ihm die Beichte abnehmen will, dass er Sex mit einem Schaf, auch mit Kürbissen hatte. Der Priester bekommt im Taxi einen Herzinfarkt, allerdings nicht wegen des Gehörten, sondern weil seine Herztabletten zu Boden fielen und der monologisierende Taxifahrer nicht Anteil nahm an den letzten röchelnden Minuten des Priesters.....

In Helsinki schließlich fehlt einem Taxifahrer das Mitgefühl zu einem seiner Fahrgäste völlig. Auch dieser Taxifahrer ist zu sehr mit sich beschäftigt, als dass er sehen könnte, was mit seinem Nächsten geschieht. Betrunken fällt dieser beim Ausstieg auf die verschneite Straße und wird sich selbst überlassen. Die Passanten gehen an dem Betrunkenen vorüber. Keinen interessiert, ob er erfriert.

Wann ist ein Mensch ein Mensch? Der Clown und sein Fahrgast aber auch die beiden Frauen in der ersten Episode und der Taxifahrer von der Elfenbeinküste besitzen Mitgefühl und die Bereitschaft das Gegenüber zu respektieren. Dies ist der Grund, weshalb man von solchen Charakteren berührt wird. Sie sind Hoffnungsträger.
Die schauspielerische Leistung der Protagonisten ist hervorragend und das gilt für alle gleichermaßen.

Die Bild- und Tonqualität sind o.k.
Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.



Rezension: Blutige Hochzeit

Sprachen/Ton:

DE/FR
Untertitel:
DE
Laufzeit:
96 Minuten
Bild 4:3
Region Pal/2


Dieser Film des jüngst verstorbenen begnadeten französischen Regisseurs Claude Chabrol aus dem Jahre 1972 befasst sich mit der fatalen Liebesgeschichte zwischen Pierre Maury (Michel Piccoli) und Lucienne (Stéphane Audran).

Lucienne ist die Ehefrau des Kleinstadtbürgermeisters Paul (Claude Piépu), der sie einst trotz eines unehelichen Kindes von einem anderen Mann, geheiratet hat. Zwischen Paul und Lucienne scheint es keine intimen Beziehungen mehr zu geben. Paul ist ausschließlich an seiner Karriere und an den materiellen Vorteilen, die ihm sein Amt bringen, interessiert.


Lucienne geht mit dem verheirateten Paul eine sexuelle Beziehung ein. Paul ist ähnlich wie sie sexuell ausgehungert, denn seine Ehefrau ist hochgradig depressiv und hat sich dem Leben schon lange abgewandt.


Pierre entscheidet sich, seine Frau zu ermorden, damit er und seine Geliebte ein ungestörtes Liebesnest haben können. Als Paul dahinterkommt, dass seine Frau fremd geht, willigt er in diesen Zustand ein und redet mit Lucienne und Pierre offen darüber.


Die beiden Ehebrecher fühlen sich ertappt und ermorden aus Scham den im Grunde sehr großzügigen Paul....

Wie diese Geschichte weitergeht, will ich nicht verraten. Interessant finde ich, dass Lucienne und Pierre, die beiden Angehörigen der Kleinstadtoberschicht, keinen anderen Ausweg für ihre Liebe sehen, als die Ermordung ihrer Ehepartner. Furcht vor Neuanfängen führt nicht selten in ausweglos erscheinende Situationen. Wie weit diese gehen können, zeigt die Filmhandlung sehr gut.

Die DVD-Hülle kann man u.a. Informationen u.a. zu Chabrol entnehmen, auch zwei Kurzkritiken, ein Einzeiler der "Zeit" und einen anderer Einzeiler aus dem "Lexikon des internationalen Films" sind nachlesbar. Dort wird kurz erwähnt, dass der Streifen scharfe Kritik an den gaullistischen Rechtstendenzen nimmt. Aus heutiger Sicht finde ich diese Beschreibung reichlich übertrieben. Der politische Hintergrund bleibt eher Beiwerk, der Fokus liegt eindeutig auf den Abgründen zweier Liebender. Der Philosoph Friedrich Nietzsche sagte einst: "Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse." Das mag sein. Dennoch exkulpiert es Täter, die aus Liebe Straftaten begehen, nicht und zwar zu Recht.


Sehr gute schauspielerische Leistungen, intelligente, spannende Dialoge. Die Bild und Tonqualität sind bestens.


Empfehlenswert.
Das besprochene Produkt ist überall im Handel erhältlich.





Rezension: Vor Einbruch der Nacht- Claude Chabrol

Dieser pychologisch subtil gestaltete Film des Regisseurs Claude Chabrol stammt aus dem Jahre 1971.

Sprachen/ Ton : DE/FR- Dolby Digital 2.0
Untertitel: DE
Laufzeit: 106 Minuten
Bild: 16:9
Region: Pal/2

Wie sooft befasst sich Chabrol auch in diesem Film mit den widersprüchlichen Moralvorstellungen des gehobenen Bürgertums in Frankreich.
Der Film beginnt mit einer Szene, in der eine nackte, sich auf dem Bett räkelnde Schöne einen ziemlich spießig aussehenden Mann in den mittleren Jahren auffordert mit ihr sado-masochistische Sexspiele zu betreiben. Bei den beiden Personen handelt es sich um den Pariser Publicity-Manager Charles Masson (Michel Bouquet) und um Laura, die Frau seines besten Freundes Francois (Francois Périer).

Laura fordert Charles auf, sie zu erdrosseln. Sie bittet ihn immer wieder, verführt ihn zur Tat. Schon in dieser kleinen Sequenz wird klar, dass Charles ein schwacher Mann ist, der sich dem Willen der vermeintlichen Masochistin unterwirft und ihr tatsächlich auch die Kehle zudrückt.
Vom Augenblick der Tat an plagt ihn das Gewissen. Er spricht mit seinem Freund und seiner Frau und gesteht die Tat. Er möchte seine Schuld sühnen, doch seine bodenständige Frau (Stéphane Audran) und sein Freund raten ihm davon ab. Sie erinnern ihn an seine Verantwortung für Frau und Kinder. Er soll sie durch einen Skandal nicht ins Unglück ziehen.

Als Charles sich dennoch entschließt zur Polizei zu gehen, weil er zu schwach ist, seine Schuld zu tragen und von ihr durch staatliche Strafmaßnahmen erlöst werden möchte, entschließt sich seine Frau dem Spuk ein Ende zu setzen.....

Ein großartiger Film, der die Schwäche eines Mannes aufzeigt, der sich seiner Mutter, seiner Frau und seiner Geliebten bedingungslos unterworfen hat und im Grunde der eigentliche Masochist ist.

Die Hülle der DVD enthält u.a. eine Kurzbiographie von Claude Chabrol und zwei Kurzkritiken zum Film. TV Spielfilm schreibt "Einer der besten von Chabrols Krimis" und das Lexikon des internationalen Films meint "Ein gelegentlich etwas konstruierter, aber mit psychologischer Finesse inszenierter Film, der eindrucksvoll zerstörerische Aspekte einer nur halb vollzogenen Emanzipation von von bürgerlich-christlichen Moralvorstellungen behandelt."

Die Ton- und Bildqualität sind bestens, die schauspielerische Leistung der Hauptakteure ebenfalls.

Rezension: Claude Chabrol- Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen.

Der vorliegende Film stammt aus dem Jahr 1974. Es handelt sich um ein Werk des Regisseurs Claude Chabrol.

Sprachen/Ton: DE/FR, Dolby Digital 2.0
Untertitel: DE
Laufzeit:121 Minuten
Bild: 16:9
Region: PAL/2

Die Filmhandlung beginnt mit einer Szene, in der sich schöne Julie (Romy Schneider) nackt im Garten des Anwesens ihres wesentlich älteren, wohlhabenden Gatten Louis (Rod Steiger) sonnt. Das Anwesen befindet sich in St. Tropez. In diesem Moment nimmt die Affaire zwischen Julie und dem jungen, mittellosen Nichtstuer Jeff Marle (Paolo Giusti) seinen Anfang.

Schon in der zweiten Szene wird klar, dass Louis Alkoholiker und wenig später, dass er impotent ist. Louis liebt seine Frau abgöttisch. Sie ist von seiner Trinksucht, wohl aber nicht von seinem Geld angewidert. Julie verläßt Louis nicht, weil sie finanziell von ihm abhängig ist und plant mit Jeff ihren Gatten zu ermorden.

Die Dinge entwickeln sich anders als erwartet....

Der Film besticht durch sein subtil psychologisch angelegtes Drehbuch, seine intelligenten Dialoge, die hervorragenden schauspielerischen Leistungen, vor allem von Romy Schneider und Rod Steiger, aber auch von Henri Attal, der einen Polizeibeamten mimt und von dem Richter Hans Christian Blech. Natürlich werden Klischees bedient. Das sehe ich jedoch nicht als Kritikpunkt.

Die Bilder von Saint Tropez und der Landschaft in der Gegend des alten Fischerdorfes haben mich beeindruckt. Wie idyllisch dort alles noch war zu Beginn der 70er Jahre!

Der DVD -Hülle sind bemerkenswerte Infos zum Regisseur und zur Vita Romy Schneiders sowie zwei Kurzkritiken zu entnehmen. Das Erste interpretiert Julie als eine Frau, die zwischen zwei mehr oder minder unsympathischen Männern völlig isoliert ist. So sehe ich das nicht. Julie ist in erster Linie vorteilsdenkend. Das sie nach meiner Meinung bis zum Schluss. Sie gehört dem Typ Frauen an, die sich stets dort hin orientieren, wo sie am meisten zu erwarten haben, materiell oder emotional, also zu den Vampiren, die nicht nur unbedarfte Männer aufs Glatteis führen. Mitunter finden die Damen ihren Meister. Jeff ist das Pendat zu Julie.

Ein toller Film.


Rezension: Das Bildnis des Dorian Gray

"Das Bildnis des Dorian Gray" ist die Literaturverfilmung des von mir rezensierten gleichnamigen Romans. Vor vielen Jahren sah ich eine Verfilmung mit Helmut Berger in der Hauptrolle, die bei Weitem nicht die Qualität des vorliegenden Films hatte.
Die Handlung möchte ich an dieser Stelle nicht breitgefächert wiedergeben, weil sie ohnehin jeder kennt. Der junge, sehr schöne Dorian Gray (Ben Barnes) wird von dem Maler Basil gemalt, verliebt sich in sein Konterfei und wünscht sich, dass das Bild statt seiner altern möge. Anfangs noch unschuldig und positiv in seinem Wesen, wird er aufgrund seines älteren Freundes Henry (eine Art Mephisto), dazu bewegt, jeden Moment egoistisch auszuleben, kein Mitleid mit Dritten zu haben und in jeder Beziehung dem Hedonismus zu frönen. Sein ausschweifendes Leben zeigt sich im Verfall des Bildes, das der eitle Dorian immer weniger ertragen kann...


Sehr gut finde ich die Einblenden aus Dorians Kindheit. Er wurde von seinem Großvater verprügelt und gedemütigt und genau diese Demütigungen gibt er weiter, nachdem Henry ihn dazu gebracht hat, sich nicht an gesellschaftlichen Regeln zu halten. Dorian benutzt Frauen und Männer für seine Zwecke. Sexuell scheint er sadistischen Handlungen nicht abgeneigt zu sein, wie man in kurzen Filmsequenzen sieht. Dorian ist offensichtlich liebensunfähig. Das wird immer offensichtlicher, je ausschweifender sein Leben ist.


Alle Menschen um ihn herum altern, nur er bleibt äußerlich immer jung und schön, fühlt aber täglich seine geradezu verfaulte Seele intensiver und sehnt sich nach einem Neuanfang, den es für ihn bekanntermaßen nicht geben wird.


Gefallen hat mir, dass man viele espritvolle Sentenzen Oscar Wildes in die Dialoge eingebaut hat und im Film-Interieur der Belle Epoche treu geblieben ist, was bei der Verfilmung mit Berger, so weit ich mich entsinne, nicht der Fall war. Ben Barnes verkörpert die Person Dorian Grays glaubhafter als Berger, weil er die Aura von Unschuld besser nach außen zu bringen vermag. Barnes scheint sie noch zu besitzen, Berger war bereits zu verdorben und eigentlich ungeeignet für die Rolle.


Es ist nicht einfach, Wildes Stoff zu verfilmen, weil die Filmhandlung teilweise surreal und eigentlich eine Handlung für das Kopfkino ist. Erstaunlicherweise ist die filmische Umsetzung aber gut gelungen. Wilde hätte sich gewiss gefreut.


Mich begeistert an der Thematik immer wieder das Phänomen Eitelkeit, das Wilde herrvoragend herausgearbeitet hat und im Film auch sehr gut dargestellt wird. Was macht übersteigerte Selbstverliebtheit mit Menschen? Vermögen solche Personen außer ihrem Spiegelbild tatsächlich nichts Drittes wahrzunehmen? Fast scheint es so. Was macht ewige Schönheit und Jugend mit einem Menschen? Muss ein Mensch, der im Jungbrunnen erfolgreich gebadet hat, zwingend zu einem Monster mutieren? Oder mutiert er nur dann, wenn ein Dritter ihn auf Abwege führt? Wodurch verliert ein Mensch seine Unschuld? Durch charakterlische Deformationen oder durch das abgründige Geflüster einer Schlange.


Die Bild- und Tonqualität haben mich zufrieden gestellt.

Rezension:Gruppenbild mit Dame (DVD)

Der 1977 gedrehte Film "Gruppenbild mit Dame" des Regisseurs Aleksander Petrovic beruht inhaltlich auf dem gleichnamigen Roman von Heinrich Böll, allerdings wurde nicht die gesamte Romanhandlung verfilmt.
Die Verfilmung geschah in Absprache mit Böll. Offensichtlich wollte der Schriftsteller das Augenmerk auf bestimmte Facetten des Buches gerichtet wissen.

Thematisiert wird die Liebesgeschichte zwischen Leni (Romy Schneider) und Boris (Brad Dourif), einer christlich orientierten Deutschen und einem gebildeten russischen Kriegsgefangenen während des 2. Weltkriegs, der Gedichte von Georg Trakel rezitiert.

Die beiden lernen sich in einer Gärtnerei kennen und binden dort Kränze für die vielen Toten. Sie reden kaum miteinander. Ihre Sprache sind die Blicke. Liebe bedarf keiner Worte.

Gezeigt wird, wie die einzelnen Angestellten der Gärtnerei mit dem Russen umgehen.

Ideologisch verblendete Mitarbeiter reagieren feindselig. Man verwehrt Boris den Zugang zum Luftschutzbunker, wenn die Bomben fallen und missgönnt ihm sogar einen Schluck Kaffee. Gleichwohl gibt es auch Personen, die sich christlich verhalten, zu ihnen gehören Leni und auch der Besitzer der Gärtnerei (Michel Galabru), der die Liebesbeziehung duldet. Leni wird schwanger, rettet Boris mittels gefälschter Papiere durch den Krieg, aber er wird die Kriegsgefangenschaft nicht überstehen....

Angesprochenen wird, wie einige Menschen aus der Not ihrer Nächsten materiellen Gewinn zu schlagen versuchen und was generell geschehen kann, wenn man den menschlichen Abgründen keinen Einhalt gebietet. Persönlichkeitsdefizite scheinen immer die eigentliche Ursache für unmenschliches Verhalten zu sein. Ideologie alleine greift nicht.

Lässt man Personen mit solchen Defiziten freien Aktions-Raum beginnen sie in der Regel Unheil anzurichten. Die Nazi-Zeit bot diesbezüglich eine breite Plattform. Dies wird im Film anhand von zahllosen Einzelbeispielen gezeigt. Auch bloßes Mitläufertum und blinder Gehorsam bleiben als Thema nicht ausgespart.

Sehr gut dargestellt sind die Szenen im Bunker bei Bombenhagel: die Angst, das Zittern, das Beten und als letzte, fast beruhigende Handlung der Koitus - nicht zwischen Leni und Boris- sondern zwischen einem Soldaten und einer durch die Bombeneinschläge völlig verängstigten Frau. Die beiden haben sich zuvor nie gesehen. Auch im Moment der körperlichen Vereinigung wechseln sie kein Wort miteinander. Der Beischlaf als Ausdruck des absoluten Hinwendens zum Leben und zur Liebe....ein Bild von hohem Aussagewert.

Wie reagieren Menschen, wenn ihnen der Tod droht? Boris reagierte gelassen und wohlüberlegt, vielleicht weil er mit seinem Leben bereits abgeschlossen hatte.

Die unterschiedlichen Gesten verschämter Liebe, die den ganzen Film durchziehen, hatten im jenem Reich des Bösen keinen Platz. Das dokumentiert die ganze Monstrosität der Hitler-Zeit.

Empfehlenswert.


Rezension:Hälfte des Lebens, 1 DVD (DVD)

Der vorliegende wunderschöne, dabei aber sehr traurige Film, der 1984 noch zu DDR-Zeiten gedreht wurde, thematisiert die Liebe des Dichters Friedrich Hölderlin (Ulrich Mühe) zu der Bankiersgattin Susette Gontard (Jenny Gröllmann).

Hölderlin wird 1796 Hauslehrer im Hause Gontard in Frankfurt. Den Gesprächen entnimmt man, dass er zwei Jahre zuvor die Universität in Jena besuchte und dort Fichtes Vorlesungen hörte. In Jena lernt er auch Isaac von Sinclair kennen, mit dem er anschließend gemeinsam ein Gartenhäuschen bewohnte. Aufgrund der politischen Lage verließ Hölderlin 1795 die Universitätsstadt.

Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, unterrichtet er die Kinder des Bankiers Gontard.

Der Film zeigt wie sich die Liebe zwischen Hölderlin und Susette entwickelt. Susette war übrigens das Modell für die Diotima seines Briefromans "Hyperion".

Susette interessiert sich sehr für Hölderlin Schaffen, hört ihm zu und führt mit ihm geistvolle Dialoge. Die beiden kommen sich durch die gedankliche Nähe auch in ihren Empfindungen und schließlich sogar körperlich sehr nahe. Zwischen ihnen entsteht eine große, leidenschaftliche Liebe voller Innigkeit.

Hölderlin berichtet Susette, in der er eine aufmerksame Zuhörerin hat, von Platons Kugelmenschen und dem Inhalt seines "Hyperion". Susette weiß, dass Hölderlin ihre wahre zweite Hälfte ist.

Immer wieder unterhalten sich die beiden über die Antike, während sich beider Liebe und Begierde in ihren Augen spiegelt.

Als die Franzosen vor Frankfurt stehen, schickt der Bankier seine Frau mit seinen Kindern nebst Hauslehrer nach Hamburg. In jenen Wochen wird das Band der beiden immer enger. Sie können voneinander nicht mehr lassen.

Nachdem die Familie wieder nach Frankfurt zurückgekehrt ist, bemerkt Gontard die Veränderung seiner Frau und beginnt Hölderlin zu demütigen. Hölderlin flüchtet nach Bad Homburg zu seinem Freund Sinclair.

Wie in allen wirklich großen Lieben bleiben durch die ungewollte Trennung zwei gebrochene Menschen zurück.....

In Gesprächen mit Sinclair sind der deutsche Idealismus, die Ideale der Französischen Revolution und deren Verrat durch Gewinnsüchtige die entscheidenden Themen.

Hölderlin leidet an der Zeit, in der er lebt aber schwermütig macht ihn einzig die Trennung von Susette.....

Geistvolle Dialoge und sehr ansprechende Innen- und Außenaufnahmen wirken beeindruckend auf den Zuhörer und Betrachter.

Die Schauspieler spielen ihre Rollen exzellent. Ulrich Mühe ist großartig in der Rolle Hölderlins. Er strahlt genau das Feinnervige und Edle aus, das Hölderlins Dichtung durchdringt und letztlich auch das hochsensible Wesen dieses großen Dichters ausmachte.

Sehr empfehlenswert.

Helga König