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Rezension: Der Stellvertreter (DVD)



Im  Gedenken an  den Dramatiker Rolf Hochhuth, verstorben am 13.5.2020

Der Film beruht auf dem gleichnamigen Schauspiel von Rolf Hochhuth. Thematisiert wird das humanitäre Versagen der katholischen Kirche - vor allem von Pius XII (dem Stellvertreter Gottes auf Erden) während der NS-Zeit. 

Der tiefgläubige Chemiker Gerstein (Ulrich Tukur) geht auf Betreiben seiner Vaters, eines strammen Nazis, zur Waffen-SS und ist dort für die Kontrolle von Zyklon B zuständig. Noch ahnt er nicht, dass mit diesem Giftstoff Millionen von Juden ermordet werden, noch glaubt er tatsächlich, dass man "Ungeziefer" im Osten ausrotten möchte. 

In Auschwitz angekommen, wird er eines Besseren belehrt. Eine Chance seinen Dienst zu quittieren, hat der Vater von vier Kindern nicht. So versucht er auf andere Weise gegen das Morden vorzugehen. Sabotage ist einer seiner Wege, ein anderer ist der vehemente Versuch den Vatikan und Diplomaten demokratischer Nationen aufzurütteln. 

Schon bald muss er feststellen, dass sich Nicht-Juden selten wirklich für die Juden einsetzen möchten. Der kaltblütige, äußerst perfide Lagerarzt ( Ulrich Mühe) - sieht sehr schnell die Gewissensqualen Gersteins und höhnt, dass es im Grunde christlich sei, die Qualität des Zyklon B so zu perfektionieren, damit die Juden einen schnelleren Tod erleiden. 

Man sieht die Massentransporte nach Auschwitz, auch sieht man die Massenerschießungen an der Bahn entlang. Diese Massenerschießungen mit anschließender Verbrennung finden statt, weil das Zyklon B nicht ausreicht. Die Brutalität der Nazi-Schergen ist nicht in Worte zu fassen. 

Gerstein nimmt Kontakt zur Kirche auf und lernt den jungen Jesuitenpater Riccardo Fontana (Mathieu Kassovitz) kennen. Dieser möchte im Vatikan vorsprechen, damit das Morden in aller Welt bekannt wird. Er hofft auf den Protest des Papstes. Der Papst allerdings hüllt sich in Schweigen. Er denkt nicht daran zu protestieren, sondern agiert einzig gemäß seinen Machtinteressen, die unter dem Deckmantel der Diplomatie sprachlich relativiert werden. 

Selbst als man römische Juden nach Auschwitz deportiert, handelt Pius XII nicht. Sein Feind ist der Kommunismus, der von Hitler in seinen Augen in Schach gehalten wird. Dafür nimmt der Papst offenbar den Tod der Juden billigend in Kauf. Mit den Gedanken der Bergpredikt ist dieses Verhalten jedenfalls nicht vereinbar. 

Der zutiefst mitfühlende Riccardo wird auf Betreiben des Lager-Arztes, der sich als "ein bisschen katholisch" bezeichnet, vergast. Der Protestant Gerstein erhängt sich, weil er den Gewissenskonflikt und die Schuld, die er durch das Herstellen von Zyklon B auf sich geladen hat, nicht mehr erträgt. 

Hochhut zeigt, dass das Böse sich nicht nur im Tun, sondern auch im Wegsehen manifestiert. Unerträglich mit anzusehen, was Vorteilsdenken und Machtgier aus Menschen macht, unerträglich diese Verblendung..... 

Wo war der christliche Gedanke- der Gedanke tiefster Menschenliebe - im Vatikan jener Tage? Wieso bezog die Nächstenliebe nicht auch die Menschen jüdischen Glaubens mit ein? 

 Ein sehr kritischer, hervorragender Film.

Maximal empfehlenswert

Helga König

Lou Andreas-Salomé- DVD

Dies ist ein Film  über das Leben von Lou Andreas- Salomé, die weitgereiste Schriftstellerin, Essayistin und Psychoanalytikerin, die am 12. Februar 1861 in Sankt Peterburg geboren wurde und am 5. Februar 1937 in Göttingen starb. 

Zu Beginn sieht man Flammen. Man befindet sich im Jahr 1933. Die Deutsche Studentenschaft verbrennt Bücher verfemter Autoren, tut das auch in Göttingen. Die Bücher des Psychoanalytikers Sigmund Freud, bei dem Lou Andreas Salomé einst studiert hat, werden ebenfalls dem Feuer übergeben.

Lou ist zu diesem Zeitpunkt 72 Jahre alt und schwer an Diabetes erkrankt. Deshalb auch sieht sie sehr schlecht und ist froh als sie den jungen Germanisten und Doktoranten Ernst Pfeiffer kennenlernt, der ihre Lebenserinnerungen, die sie ihm im Film erzählt, aufschreibt. 

So erlebt man Lou, sich erinnernd,  zunächst als Kind in Petersburg. Sie ist das einzige Mädchen von insgesamt sechs Kindern und darf als Liebling ihres Vaters freier leben als dies für Mädchen in der damaligen Zeit üblich ist.

Ihre Intelligenz treibt sie zur Lektüre von Büchern. Sie liest schon jung an Jahren Philosophen wie Aristoteles und Spinoza. In ihren Hauslehrer, einen evangelischer Pfarrer, der doppelt so alt ist wie sie, hat sie sich verliebt. Als er ihr sich sexuell nähert, verweigert sie sich ihm und schwört zukünftig jeglicher Verliebtheit und Sexualität ab. 

Sie möchte frei sein und weiß, dass Männer aus ihr am Ende nur eine Hausfrau und Mutter machen wollen. Das lehnt sie ab und geht stattdessen nach Zürich, um dort Philosophie zu studieren. Als sie erkrankt, schickt ihre Mutter, die mit ihrem Studium nicht einverstanden ist, sie wegen ihres Lungenleidens zur Erholung nach Italien. 

Sie lernt im Salon von Frauenrechtlerin Malwida von Meysenbug  alsbald der Philosophen Paul Reé und durch ihn den Philosophen Friedrich Nietzsche kennen. Beide verlieben sich in sie. Beide wollen sie heiraten. Doch Lou akzeptiert nach wie vor keine körperliche Beziehung. Sie sublimiert und entwickelt sich auf diese Weise geistig immer mehr. Sie möchte die beiden als Gesprächspartner, nicht aber im Bett.

Mit dem 15 Jahre älteren Orientalisten Friedrich Carl Andreas geht sie schließlich eine Ehe ein, die an die Übereinkunft gebunden ist, keinen Sex miteinander zu haben Sie schreibt alsbald ihr erstes Buch und lernt den um 15 Jahre jüngeren Dichter Rainer Maria Rilke kennen, mit dem sie nicht nur eine geistige, sondern auch eine körperliche Beziehung pflegt, weil sie sich ihm in jeder Beziehung  sehr nahe fühlt und spürt, dass er sie nicht dominieren möchte. Rilke strebt eine Symbiose mit ihr an. Deshalb verlässt sie ihn.

Man erlebt Lou in den Folgejahren als anerkannte Intellektuelle. Mittlerweile hat sie immer wieder auch erotische Affären, die sie aber nicht an ihrem Weg hindern, dem Weg frei zu leben. In einem solchen Leben hat die Liebe keinen Platz für sie.  Das weiß sie genau.

Man erlebt im Film auch die Begegnung mit Sigmund Freud, bei dem sie dann studiert. Er hält sie für eine Narzisstin und liegt damit gewiss nicht falsch. Ob ihr Narzissmus das gesunde Maß überstiegen hat, lässt sich nach dem Film nicht einschätzen. 

Ich denke aber, dass Lou Andreas-Salomé genau so handeln musste, wie sie es tat, um als Intellektuelle in jener Zeit heranzureifen und zu bestehen 

Ein toller Film mit wunderbaren Schauspielern, ein Film mit viel Tiefe, der lange nachwirkt. 

Besonders beeindruckt hat mich die schauspielerische Leistung von Nicole Heesters, die die 72 jährige Lou spielt. Sehr ausdrucksstark und authentisch. 

Das Drehbuch und die Regie von Cordula Kablitz-Post  sind  erste Sahne. Sehr subtil.

Maximal empfehlenswert

Helga König

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Rezension: #Alfred_Hitchcock-Sämtliche Filme-Herausgeber: Paul Duncan- TASCHEN

Dieses reich bebilderte Buch zeichnet im Rahmen von drei Kapiteln das Leben des britischen Filmregisseurs Alfred Hitchcock (1899- 1980) nach. Die Lebensbetrachtung ist in nachstehende Kapitel unterteilt, als da sind: 

1899-1939- Das junge Genie 
1940-1954- Der Typ, der dein Vertrauen in dieses lausige Geschäft wieder herstellt 
1954-1980-Ein wahrer Meister 

Diesen drei Kapiteln ist eine mehrseitige Einleitung vorangestellt worden. Sie trägt den Titel "Die Angst vorm Fallen". Hier erfährt man, dass Hitchcock beim Blick auf technische Aspekte seiner Arbeit sich als wahrer Künstler zeigt und als Meister, der sein Handwerk beherrscht. In seinen Interviews soll er wenig über seine persönlichen Interessen oder religiösen und politischen Ansichten geäußert haben. Je nach Rolle präsentierte er unterschiedliche Facetten seiner Persönlichkeit, über die man im vorliegenden Buch Näheres erfährt. Obschon er mit einer beschränkten Palette von Emotionen arbeitete, gelang es ihm, sein Filmhandwerk wie nur wenige vor ihm zu meistern. 

Sein Thema sei der #Suspense gewesen. Dessen Funktionsweise erklärte er wie folgt: "Wenn man eine Bombe zündet, erlebt das Publikum einen 10- Sekunden-Schock. Doch wenn das Publikum weiß, dass die Bombe gelegt ist, kann man diesen Suspense aufbauen und sie fünf Minuten lang im Zustand der Erwartung halten." 

Hitchcock sei der beste Architekt der Angst gewesen, den das Kino jemals gesehen habe, liest man und weiß, dass es stimmt, wenn man Filme von ihm gesehen hat. Seine Filme zeigen schwindelerregende Situationen und wahnsinnige Charaktere, die sehr deutlich gezeichnet sind. 

Der Meister spielte gerne mit den Konventionen des Thrillers und habe sich darauf verstanden, klare dynamische Bilder für die zweidimensionale Leinwand zu komponieren als auch anspruchsvolle und genaue Muster der visuellen Motive zu entwerfen. 

Hitchcocks Stärke als Filmemacher habe darin bestanden, seine eigenen unbewussten Ängste und Wünsche bildlich umzusetzen und sie als Wachalbträume auf die Leinwand zu projizieren. 

Der biografische Teil des Buches enthält neben einem spannend zu lesenden Text viele Fotos, auch Zitate von Alfred Hitchcock. Dieses Mix hinterlässt einen bleibenden Eindruck im Hinblick auf die fokussierte Person und erweist sich als Schlüssel für die 53 Hitchcock –Filme, die dann auf 445 Seiten präsentiert werden, untergliedert in die Zeiträume 

1925-1939
1940-1954
1954-1976 

Neben tollen Filmaufnahmen erhält man zu jedem einzelnen Film die genauen Daten, wo und wann der Film produziert wurde, wie viel Minuten er dauert, wer das Drehbuch verfasst hat, wer für Kamera, Schnitt und Musik verantwortlich war, wer für die Produktion und welche Darsteller die einzelnen Rollen spielten. Ein Filmplakat wird immer gezeigt und man wird ausführlich mit den einzelnen Filmen inhaltlich vertraut gemacht.  Auf diese Weise erfährt man, was in den jeweiligen Filmen typisch Hitchcock ist. 

In speziellen Rubriken liest man mehr über einzelne Schauspieler, Drehbuchautoren, Filmkomponisten etc.

Wie hervorragend die einzelnen Filme beschrieben sind, habe ich heute an "Spellbound" nachvollzogen. Hier sind die Hauptdarsteller Ingrid Bergmann (Dr. Constance Petersen) und Gregory Peck (John Ballantyne). Die Musik dieses tollen Films stammt von Miklós Rósza. 

Zu den innovativen Aspekten dieses Films zählt "Dalis Traumsequenz", die im Buch  näher erläutert wird und die ungewöhnliche Musik des Komponisten Miklós Rósza, für die er mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. 

Es handelt sich bei "Spellbound" übrigens um den ersten Film Hollywoods über Psychoanalyse und eine bahnbrechende Darstellung einer berufstätigen Frau. 

Alles in allem ist "Alfred Hitchcock- Sämtliche Filme" ein großartiges Werk und ein Muss für alle Liebhaber von Hitchcock-Filmen.

Maximal empfehlenswert.

Helga König

Im Fachbuchhandel erhältlich

Onlinebestellung  TASCHEN  oder AMAZON
Alfred Hitchcock. Sämtliche Filme

Rezension Thomas Nehlert „The 24 Hour War“ DVD, Chassy Media, 2017

Es war eine der großartigsten und faszinierendsten Geschichten im Motorsport: Der Kampf von Ford gegen Ferrari um die Vorherrschaft bei den bedeutenden SportwagenLangstreckenrennen in den 1960er Jahren. Im Vordergrund stand das Ziel, bei den 24 Stunden von Le Mans zu triumphieren. Die Ursprünge, die Entwicklung und den Ausgang dieses epochalen Duells eines milliardenschweren US-Konzerns mit einem damals kleinen italienischen Renn- und Sportwagenhersteller dokumentiert der Film "The 24 Hour War" auf beeindruckende und begeisternde Weise. 

Henry Ford II. verfolgte mit großem Interesse die Siegesserie von Ferrari bei den 24 Stunden von Le Mans Anfang der 1960er Jahre. Zugleich war sein Unternehmen – obwohl zu den „Großen Drei“ im Automobilbau der USA gehörend – durch die Marktbeherrschung von General Motors und den aufstrebenden Chrysler-Konzern in Zugzwang geraten. Ford sah es, gerade auch im Hinblick auf die äußerst erfolgreiche Chevrolet Corvette, als zielführend an, die Marktanteile durch spektakuläre Erfolge im Automobilsport auszuweiten. Ford unterbreitete Ferrari 1963 ein Übernahmeangebot, das der Commendatore nach längeren Verhandlungen schließlich ausschlug. Dies brachte Henry Ford so auf, dass er nun um fast jeden Preis mit einem eigenen Rennsportwagen Ferrari beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans bezwingen wollte. Anknüpfend an die Erfolge Carroll Shelbys mit den bulligen Ford Cobra und dem Cobra Daytona Coupé in der GTKlasse stellten die Ingenieure von Ford den legendären GT40 auf die Räder, der nach einigen Misserfolgen schlussendlich doch Ferrari in Le Mans schlagen und den Langstreckenklassiker von 1966 bis 1969 gewinnen konnte. 

Um die entgegengesetzte Ausgangslage der beiden Unternehmen vor dem Zweikampf zu verdeutlichen, steigen die Produzenten tief in die Historie ein: Ferrari, der den Motorsport als seine Leidenschaft mit dem für ihn eher lästigen Verkauf hochkarätiger Sportwagen zu finanzieren versuchte – Ford, der den Verkauf durch Sporterfolge ankurbeln wollte. Neben herrlichen zeitgenössischen Aufnahmen erlangt die Dokumentation durch Äußerungen von Zeitzeugen besondere Authentizität. Für Ferrari kommen der bekannte und im letzten Jahr verstorbene Automobil-Historiker und Buchautor Brian Laban, Carlo Tazzioli, Mauro Forghieri und Enzo Ferraris Sohn Piero zu Wort. Die Geschichte von Ford erläutern u.a. Henry Ford III als der Urenkel des Firmengründers und Edsel Ford II als Sohn von Henry Ford II. Sehr erhellend werden sowohl die Situation auf dem US-Markt als auch die speziellen Probleme im Rennteam von Ferrari herausgearbeitet, das Anfang der 1960er Jahre zahlreiche hochrangige Mitglieder nach internen Querelen mit Enzo Ferraris Frau Laura verlassen hatten und dessen Schicksal fortan in den Händen des jungen Mauro Forghieri lag. Geradezu humorvoll geben Piero Ferrari und Carlo Tazzioli das sehr eigenwillige Verhalten Enzo Ferraris bei den Verhandlungen mit Ford wieder. Denn nach dem Korb, den der stolze Italiener dem amerikanischen Konzern gegeben hatte, sicherte er später auf hoch intelligente Weise die Zukunft seines Unternehmens durch die Zugehörigkeit zum Fiat-Konzern. 

Zahlreiche Techniker beschreiben die durch wunderbare Originalaufnahmen belegte Entwicklung sowohl der Mittelmotor-Prototypen von Ferrari vom 250 P bis zum 330 P4 als auch des seinerzeit revolutionären Ford GT 40 und seiner Varianten Mk.II und Mk. IV. Selbst das später nie zum Renneinsatz gekommene J-Car von Ford wird gezeigt und auf den mit diesem Wagen erlittenen tödlichen Unfall von Ken Miles bei Testfahrten in Riverside eingegangen. Groß ist die Zahl bekannter Rennfahrer, die ihre Erinnerungen an das Geschehen einfließen lassen: Jackie Oliver, David Hobbs, Brian Redman, Richard Attwood, Dan Gurney, Mario Andretti, John Surtees. Dabei bleiben auch die Umstände, die zu John Surtees' Trennung von Ferrari führten, nicht unerwähnt, bis hin zur Ausleuchtung des intriganten Verhaltens des damaligen Rennleiters von Ferrari, Eugenio Dragoni. 

Für mich persönlich stellen die Originalaufnahmen von den großen Langstreckenrennen 1965 und 1966 in Daytona, Sebring und Le Mans einen weiteren Höhepunkt des Films dar. Damals gab es kaum Rennübertragungen, so dass derartiges Filmmaterial wirklich Seltenheitswert hat. Nach den krachenden Niederlagen, die Ford 1964 und 1965 in Le Mans gegen Ferrari kassiert hatte, gipfelt die Dokumentation in den Berichten über die Ford-Siege 1966 und 1967, zuletzt errungen gegen die bildschönen Ferrari 330 P4, die 1967 trotz der Le-Mans-Niederlage doch noch im letzten Lauf in Brands Hatch den Titel in der Internationalen Meisterschaft für Sport-Prototypen für die Scuderia Ferrari sicherten. Das allerdings störte Ford nicht mehr, für die Amerikaner war der Sieg in Le Mans das entscheidende Kriterium. Mit diesem Sieg 1967 begründeten übrigens Dan Gurney und A.J. Foyt die heute bei Siegerehrungen traditionelle Form der "Champagner-Dusche". Ferrari und Ford waren in den Jahren von 1965 bis 1967 mit jeweils bis zu zehn Fahrzeugen – verteilt auf unterschiedliche Bewerber-Teams – in Le Mans am Start. Heute gilt es – zu Recht – als finanzieller und organisatorischer Gewaltakt, wenn eine Werksmannschaft mit drei Prototypen antritt . . . 

Zum Schluss der Dokumentation wird der Bogen zu den 24 Stunden von Le Mans 2015 und 2016 geschlagen – 2016 deshalb, weil sich der erste Ford-Sieg zum 50. Mal jährte und Ford aus diesem Anlass mit vier neuen Ford GT in der Klasse GTE-Pro antrat und diese auch – nicht zuletzt aufgrund einer etwas zweifelhaften Einstufung in der „Balance of Performance“ (BOP) – auf Anhieb gewann.

"The 24 Hour War" ist in meinen Augen eine der besten Automobilsport-Dokumentationen der letzten Jahre und für den, der diesen Kampf in den 1960er Jahren mitverfolgt hat, ein wahres "Must Have". 

Leider nicht vollkommen unkompliziert ist die Beschaffung des Films. Man kann ihn in den USA bei der Produktionsfirma Chassy Media bestellen, allerdings sollte man dann über einen Codefree-Player verfügen, da sowohl die DVD als auch die Blu-ray nur im Regionalcode 1 für Nordamerika hergestellt werden. Ein anderer Empfangsweg ist der "amazon fire TV stick", über den der Film mit einem amazon prime"-Vertrag abgespielt werden kann. 


The 24 Hour War Format: DVD bzw. blu-ray im Regionalcode für Nordamerika 
Bildformat: 16:9 Laufzeit: 100 Minuten 

Drehbuch und Regie: Adam Carolla, Nate Adams 
Sprache: Englisch Preis: $ 18,- plus Versand 
Erhältlich über https://chassy.com/product/24-hour-war/ und über den amazon fire TV stick im Rahmen eines amazon-prime-Vertrages zu empfangen.

Rezension Thomas Nehlert „Remember Le Mans DVD“ Cinecraft GmbH, RacingWebShop, 2017

Er ist ein Mythos, und wirklich jeder Motorsportfan kennt ihn, den Spielfilm "Le Mans" von und mit Steve McQueen. Um die Entstehung dieses Films ranken sich so unzählige Anekdoten und Geschichten, dass mit diesem Material bereits mehrere Bücher und auch filmische Dokumentationen gefüllt worden sind. Allerdings sind all diese Publikationen englischsprachig, so dass der in Österreich beheimateten Cinecraft GmbH, dem Drehbuchautor und Regisseur Christian Giesser und McKlein Publishing in Köln das Verdienst zukommt, mit der Doppel-DVD "Remember Le Mans" die Ereignisse um die Verwirklichung des Lieblingsprojekts von Steve McQueen erstmals in deutscher Sprache darzustellen. 

Was allerdings den Begriff der "deutschen Sprache" angeht, bedarf es doch zunächst einmal einer etwas weiten Auslegung: denn Dr. Erich Glavitza als einer der Hauptprotagonisten der Dokumentation spricht einen so ausgeprägten österreichischen Dialekt, dass man sich schon etwas "einhören" muss, um all seine sehr langen Ausführungen zu verstehen. 

Der 90minütige Hauptfilm ist in 20 Titel untergliedert. Die Eingangssequenz ist auf interessante Weise dem Anfang des Urfilms nachempfunden: Erich Glavitza fährt mit einem aus den späten 1960er Jahren stammenden Porsche 911 durch das heutige Le Mans – so wie damals Steve McQueen mit seinem 911 durch das seinerzeit noch deutlich verträumter wirkende Städtchen an der Sarthe. War es einst ein neues und sehr gepflegt wirkendes 911-Exemplar – das inzwischen zu einem atemberaubenden Preis versteigert worden ist – , so macht Glavitzas Porsche doch einen schon recht mitgenommenen Eindruck. 

Erich Glavitza, in Wien zum Doktor der Philosophie und Wissenschaftstheorie promoviert, betätigte sich als Rennfahrer, Stuntman, TV-Kommentator, Leiter einer Rennfahrerschule und als Buchautor. Ausführlich schildert er, wie er als Stuntman zu dem Film "Le Mans" kam und welche Erfahrungen er im Sommer 1970 bei den Dreharbeiten machte. Gleichfalls kommen der frühere Stuntman und Rennfahrer Peter Huber, der Produktionsassistent Dr. Walter Riml und der auch zum Produktionsteam gehörende Peter Samuelson zu Wort. 

Insbesondere die Darstellungen von Samuelson sind überaus aufschlussreich, da sie einerseits verdeutlichen, dass "Le Mans" der Film mit den zweifellos besten und authentischsten Rennszenen ist, der jemals gedreht wurde, andererseits aber auch zeigen, welches Chaos am Filmset herrschte und mit welchen massiven Problemen die Produktion zu kämpfen hatte. McQueen, der mit seiner Solar Productions Gesellschaft den Inhalt des Films als reines Autosport-Drama bestimmen wollte, ließ dem Regisseur John Sturges keinen Raum zur Durchsetzung einer annehmbaren filmischen Handlung, so dass Sturges schließlich abreiste und Lee Katzin als von McQueen gesteuerter Regisseur versuchte, die Rolle eines Regisseurs auszufüllen. McQueen selbst zeigte – nach den Schilderungen der Betroffenen – bei den Dreharbeiten zwei Gesichter: den Rennfahrern gegenüber voller Zuneigung und Verbundenheit und Respekt, den Filmschaffenden gegenüber teilweise unstrukturiert, häufig unhöflich und ohne jedes Verständnis für die erzählerische Dimension eines Spielfilms. So kommt Samuelson auch zu dem Ergebnis, dass McQueen ein Rennsportbesessener war, ein charismatischer Film-Star, ein unglaublicher Womanizer – aber kein begnadeter Schauspieler oder gar Regisseur. 

So liegt auch die Stärke dieser Dokumentation darin, dass sie den Kultfilm "Le Mans" nicht unkritisch lobpreist, sondern Stärken und Schwächen in die Tiefe gehend herausarbeitet. 
Dennoch kommt die Begeisterung für "Le Mans" nicht zu kurz, und zwar in erster Linie durch die eingehenden Interviews mit drei Rennfahrern, die damals – zusammen mit vielen anderen Piloten – mit ihren Fähigkeiten für packende und authentische Rennszenen sorgten: Jürgen Barth, Herbert Linge und Willi Kauhsen. Diese zeichnen, ihren Erfahrungen entsprechend, ein beeindruckend positives Bild von McQueen und schildern im Detail den Aufwand, der betrieben wurde, um absolut realitätsnahe Renn- und Unfallsequenzen zu realisieren. Jürgen Barth kommt zu dem Schluss „wir haben damals Hollywood in Le Mans erlebt“. 

Wenn die Dokumentation auch im wesentlichen aus den Interviews mit den Beteiligten an dem Filmprojekt besteht, so haben doch auch einige filmische Sequenzen Eingang gefunden. Die Passagen aus dem Spielfilm sind sehr sparsam gesetzt, was sicherlich auch mit den Urheberrechten und den damit verbundenen Kosten zu tun hat. Hinzu kommen mehrere Bilder vom Filmset, die den zeitgenössischen Rahmen ebenso wiedergeben wie einige Originalaufnahmen aus einem früheren 24-Stunden-Rennen; allerdings stammen diese aus dem Jahr 1967, denn Ferrari 330P4 und Shelby-Ford spielten 1970 keine Rolle mehr. 

Das mit 233 Minuten sehr lange Bonusmaterial besteht aus detailreichen Äußerungen der auch im Hauptfilm zu Wort gekommenen Personen. Hervorzuheben sind dabei wieder die Ausführungen von Peter Samuelson und die der drei Rennfahrer Barth, Linge und Kauhsen, die nicht nur auf den Film "Le Mans" eingehen, sondern auch auf ihren beruflichen und rennfahrerischen Lebensweg und die damit verbundenen Erfahrungen sowie auch auf ihre Lieblingsfahrzeuge.

"Remember Le Mans" stellt eine lohnende Bereicherung des Materials über den Kultfilm von 1970 dar. Die Dokumentation verdeutlicht, welch großartige Leistung es war, derartig wirklichkeitsnahe Rennaufnahmen zu einer Zeit zu erstellen, in der es noch keine die Realität zuweilen verfälschende Computertechnik gab. 


Remember Le Mans 

Format: 2 PAL DVDs 
Bildformat: 16:9
Regionalcode: 0 – Alle Regionen 
Laufzeit: 90 Minuten (Hauptfilm), 233 Minuten Bonusmaterial
Drehbuch und Regie: Christian Giesser 
Sprache: Deutsch 
Preis: € 29,90 Erhältlich ausschließlich über www.racingwebshop.com