Er ist ein Mythos, und wirklich jeder Motorsportfan kennt ihn, den Spielfilm "Le Mans" von
und mit Steve McQueen. Um die Entstehung dieses Films ranken sich so unzählige
Anekdoten und Geschichten, dass mit diesem Material bereits mehrere Bücher und auch
filmische Dokumentationen gefüllt worden sind. Allerdings sind all diese Publikationen
englischsprachig, so dass der in Österreich beheimateten Cinecraft GmbH, dem
Drehbuchautor und Regisseur Christian Giesser und McKlein Publishing in Köln das
Verdienst zukommt, mit der Doppel-DVD "Remember Le Mans" die Ereignisse um die
Verwirklichung des Lieblingsprojekts von Steve McQueen erstmals in deutscher Sprache
darzustellen.
Was allerdings den Begriff der "deutschen Sprache" angeht, bedarf es doch zunächst
einmal einer etwas weiten Auslegung: denn Dr. Erich Glavitza als einer der
Hauptprotagonisten der Dokumentation spricht einen so ausgeprägten österreichischen
Dialekt, dass man sich schon etwas "einhören" muss, um all seine sehr langen
Ausführungen zu verstehen.
Der 90minütige Hauptfilm ist in 20 Titel untergliedert. Die Eingangssequenz ist auf
interessante Weise dem Anfang des Urfilms nachempfunden: Erich Glavitza fährt mit
einem aus den späten 1960er Jahren stammenden Porsche 911 durch das heutige Le
Mans – so wie damals Steve McQueen mit seinem 911 durch das seinerzeit noch deutlich
verträumter wirkende Städtchen an der Sarthe. War es einst ein neues und sehr gepflegt
wirkendes 911-Exemplar – das inzwischen zu einem atemberaubenden Preis versteigert
worden ist – , so macht Glavitzas Porsche doch einen schon recht mitgenommenen
Eindruck.
Erich Glavitza, in Wien zum Doktor der Philosophie und Wissenschaftstheorie promoviert,
betätigte sich als Rennfahrer, Stuntman, TV-Kommentator, Leiter einer Rennfahrerschule
und als Buchautor. Ausführlich schildert er, wie er als Stuntman zu dem Film "Le Mans" kam und welche Erfahrungen er im Sommer 1970 bei den Dreharbeiten machte.
Gleichfalls kommen der frühere Stuntman und Rennfahrer Peter Huber, der
Produktionsassistent Dr. Walter Riml und der auch zum Produktionsteam gehörende Peter
Samuelson zu Wort.
Insbesondere die Darstellungen von Samuelson sind überaus aufschlussreich, da sie
einerseits verdeutlichen, dass "Le Mans" der Film mit den zweifellos besten und
authentischsten Rennszenen ist, der jemals gedreht wurde, andererseits aber auch
zeigen, welches Chaos am Filmset herrschte und mit welchen massiven Problemen die
Produktion zu kämpfen hatte. McQueen, der mit seiner Solar Productions Gesellschaft den
Inhalt des Films als reines Autosport-Drama bestimmen wollte, ließ dem Regisseur John
Sturges keinen Raum zur Durchsetzung einer annehmbaren filmischen Handlung, so dass
Sturges schließlich abreiste und Lee Katzin als von McQueen gesteuerter Regisseur
versuchte, die Rolle eines Regisseurs auszufüllen. McQueen selbst zeigte – nach den
Schilderungen der Betroffenen – bei den Dreharbeiten zwei Gesichter: den Rennfahrern
gegenüber voller Zuneigung und Verbundenheit und Respekt, den Filmschaffenden
gegenüber teilweise unstrukturiert, häufig unhöflich und ohne jedes Verständnis für die
erzählerische Dimension eines Spielfilms. So kommt Samuelson auch zu dem Ergebnis,
dass McQueen ein Rennsportbesessener war, ein charismatischer Film-Star, ein
unglaublicher Womanizer – aber kein begnadeter Schauspieler oder gar Regisseur.
So liegt auch die Stärke dieser Dokumentation darin, dass sie den Kultfilm "Le Mans" nicht
unkritisch lobpreist, sondern Stärken und Schwächen in die Tiefe gehend herausarbeitet.
Dennoch kommt die Begeisterung für "Le Mans" nicht zu kurz, und zwar in erster Linie
durch die eingehenden Interviews mit drei Rennfahrern, die damals – zusammen mit
vielen anderen Piloten – mit ihren Fähigkeiten für packende und authentische
Rennszenen sorgten: Jürgen Barth, Herbert Linge und Willi Kauhsen. Diese zeichnen,
ihren Erfahrungen entsprechend, ein beeindruckend positives Bild von McQueen und
schildern im Detail den Aufwand, der betrieben wurde, um absolut realitätsnahe Renn- und
Unfallsequenzen zu realisieren. Jürgen Barth kommt zu dem Schluss „wir haben damals
Hollywood in Le Mans erlebt“.
Wenn die Dokumentation auch im wesentlichen aus den Interviews mit den Beteiligten an
dem Filmprojekt besteht, so haben doch auch einige filmische Sequenzen Eingang
gefunden. Die Passagen aus dem Spielfilm sind sehr sparsam gesetzt, was sicherlich
auch mit den Urheberrechten und den damit verbundenen Kosten zu tun hat. Hinzu
kommen mehrere Bilder vom Filmset, die den zeitgenössischen Rahmen ebenso
wiedergeben wie einige Originalaufnahmen aus einem früheren 24-Stunden-Rennen;
allerdings stammen diese aus dem Jahr 1967, denn Ferrari 330P4 und Shelby-Ford
spielten 1970 keine Rolle mehr.
Das mit 233 Minuten sehr lange Bonusmaterial besteht aus detailreichen Äußerungen der
auch im Hauptfilm zu Wort gekommenen Personen. Hervorzuheben sind dabei wieder die
Ausführungen von Peter Samuelson und die der drei Rennfahrer Barth, Linge und
Kauhsen, die nicht nur auf den Film "Le Mans" eingehen, sondern auch auf ihren
beruflichen und rennfahrerischen Lebensweg und die damit verbundenen Erfahrungen
sowie auch auf ihre Lieblingsfahrzeuge.
"Remember Le Mans" stellt eine lohnende Bereicherung des Materials über den Kultfilm
von 1970 dar. Die Dokumentation verdeutlicht, welch großartige Leistung es war, derartig
wirklichkeitsnahe Rennaufnahmen zu einer Zeit zu erstellen, in der es noch keine die
Realität zuweilen verfälschende Computertechnik gab.
Remember Le Mans
Format: 2 PAL DVDs
Bildformat: 16:9
Regionalcode: 0 – Alle Regionen
Laufzeit: 90 Minuten (Hauptfilm), 233 Minuten Bonusmaterial
Drehbuch und Regie: Christian Giesser
Sprache: Deutsch
Preis: € 29,90
Erhältlich ausschließlich über www.racingwebshop.com