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Rezension Thomas Nehlert „Remember Le Mans DVD“ Cinecraft GmbH, RacingWebShop, 2017

Er ist ein Mythos, und wirklich jeder Motorsportfan kennt ihn, den Spielfilm "Le Mans" von und mit Steve McQueen. Um die Entstehung dieses Films ranken sich so unzählige Anekdoten und Geschichten, dass mit diesem Material bereits mehrere Bücher und auch filmische Dokumentationen gefüllt worden sind. Allerdings sind all diese Publikationen englischsprachig, so dass der in Österreich beheimateten Cinecraft GmbH, dem Drehbuchautor und Regisseur Christian Giesser und McKlein Publishing in Köln das Verdienst zukommt, mit der Doppel-DVD "Remember Le Mans" die Ereignisse um die Verwirklichung des Lieblingsprojekts von Steve McQueen erstmals in deutscher Sprache darzustellen. 

Was allerdings den Begriff der "deutschen Sprache" angeht, bedarf es doch zunächst einmal einer etwas weiten Auslegung: denn Dr. Erich Glavitza als einer der Hauptprotagonisten der Dokumentation spricht einen so ausgeprägten österreichischen Dialekt, dass man sich schon etwas "einhören" muss, um all seine sehr langen Ausführungen zu verstehen. 

Der 90minütige Hauptfilm ist in 20 Titel untergliedert. Die Eingangssequenz ist auf interessante Weise dem Anfang des Urfilms nachempfunden: Erich Glavitza fährt mit einem aus den späten 1960er Jahren stammenden Porsche 911 durch das heutige Le Mans – so wie damals Steve McQueen mit seinem 911 durch das seinerzeit noch deutlich verträumter wirkende Städtchen an der Sarthe. War es einst ein neues und sehr gepflegt wirkendes 911-Exemplar – das inzwischen zu einem atemberaubenden Preis versteigert worden ist – , so macht Glavitzas Porsche doch einen schon recht mitgenommenen Eindruck. 

Erich Glavitza, in Wien zum Doktor der Philosophie und Wissenschaftstheorie promoviert, betätigte sich als Rennfahrer, Stuntman, TV-Kommentator, Leiter einer Rennfahrerschule und als Buchautor. Ausführlich schildert er, wie er als Stuntman zu dem Film "Le Mans" kam und welche Erfahrungen er im Sommer 1970 bei den Dreharbeiten machte. Gleichfalls kommen der frühere Stuntman und Rennfahrer Peter Huber, der Produktionsassistent Dr. Walter Riml und der auch zum Produktionsteam gehörende Peter Samuelson zu Wort. 

Insbesondere die Darstellungen von Samuelson sind überaus aufschlussreich, da sie einerseits verdeutlichen, dass "Le Mans" der Film mit den zweifellos besten und authentischsten Rennszenen ist, der jemals gedreht wurde, andererseits aber auch zeigen, welches Chaos am Filmset herrschte und mit welchen massiven Problemen die Produktion zu kämpfen hatte. McQueen, der mit seiner Solar Productions Gesellschaft den Inhalt des Films als reines Autosport-Drama bestimmen wollte, ließ dem Regisseur John Sturges keinen Raum zur Durchsetzung einer annehmbaren filmischen Handlung, so dass Sturges schließlich abreiste und Lee Katzin als von McQueen gesteuerter Regisseur versuchte, die Rolle eines Regisseurs auszufüllen. McQueen selbst zeigte – nach den Schilderungen der Betroffenen – bei den Dreharbeiten zwei Gesichter: den Rennfahrern gegenüber voller Zuneigung und Verbundenheit und Respekt, den Filmschaffenden gegenüber teilweise unstrukturiert, häufig unhöflich und ohne jedes Verständnis für die erzählerische Dimension eines Spielfilms. So kommt Samuelson auch zu dem Ergebnis, dass McQueen ein Rennsportbesessener war, ein charismatischer Film-Star, ein unglaublicher Womanizer – aber kein begnadeter Schauspieler oder gar Regisseur. 

So liegt auch die Stärke dieser Dokumentation darin, dass sie den Kultfilm "Le Mans" nicht unkritisch lobpreist, sondern Stärken und Schwächen in die Tiefe gehend herausarbeitet. 
Dennoch kommt die Begeisterung für "Le Mans" nicht zu kurz, und zwar in erster Linie durch die eingehenden Interviews mit drei Rennfahrern, die damals – zusammen mit vielen anderen Piloten – mit ihren Fähigkeiten für packende und authentische Rennszenen sorgten: Jürgen Barth, Herbert Linge und Willi Kauhsen. Diese zeichnen, ihren Erfahrungen entsprechend, ein beeindruckend positives Bild von McQueen und schildern im Detail den Aufwand, der betrieben wurde, um absolut realitätsnahe Renn- und Unfallsequenzen zu realisieren. Jürgen Barth kommt zu dem Schluss „wir haben damals Hollywood in Le Mans erlebt“. 

Wenn die Dokumentation auch im wesentlichen aus den Interviews mit den Beteiligten an dem Filmprojekt besteht, so haben doch auch einige filmische Sequenzen Eingang gefunden. Die Passagen aus dem Spielfilm sind sehr sparsam gesetzt, was sicherlich auch mit den Urheberrechten und den damit verbundenen Kosten zu tun hat. Hinzu kommen mehrere Bilder vom Filmset, die den zeitgenössischen Rahmen ebenso wiedergeben wie einige Originalaufnahmen aus einem früheren 24-Stunden-Rennen; allerdings stammen diese aus dem Jahr 1967, denn Ferrari 330P4 und Shelby-Ford spielten 1970 keine Rolle mehr. 

Das mit 233 Minuten sehr lange Bonusmaterial besteht aus detailreichen Äußerungen der auch im Hauptfilm zu Wort gekommenen Personen. Hervorzuheben sind dabei wieder die Ausführungen von Peter Samuelson und die der drei Rennfahrer Barth, Linge und Kauhsen, die nicht nur auf den Film "Le Mans" eingehen, sondern auch auf ihren beruflichen und rennfahrerischen Lebensweg und die damit verbundenen Erfahrungen sowie auch auf ihre Lieblingsfahrzeuge.

"Remember Le Mans" stellt eine lohnende Bereicherung des Materials über den Kultfilm von 1970 dar. Die Dokumentation verdeutlicht, welch großartige Leistung es war, derartig wirklichkeitsnahe Rennaufnahmen zu einer Zeit zu erstellen, in der es noch keine die Realität zuweilen verfälschende Computertechnik gab. 


Remember Le Mans 

Format: 2 PAL DVDs 
Bildformat: 16:9
Regionalcode: 0 – Alle Regionen 
Laufzeit: 90 Minuten (Hauptfilm), 233 Minuten Bonusmaterial
Drehbuch und Regie: Christian Giesser 
Sprache: Deutsch 
Preis: € 29,90 Erhältlich ausschließlich über www.racingwebshop.com