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Rezension: Die ZEIT Nahaufnahme: Ein Jahrhundert deutscher Geschichte in nie gezeigten Filmdokumenten, 1918-1990, 8 DVDs plus Begleitbuch (Gebundene Ausgabe)

Diese bemerkenswerte Kassette enthält 8 DVD's und ein Begleitbuch. Die Spieldauer der DVDs beträgt insgesamt 437 Minuten. Bei der Edition "Nahaufnahme" von DIE ZEIT handelt es sich um Ausschnitte aus Filmen von 500 Amateuren. Der Historiker und Dokumentarfilmer Joachim Castan hat sie ausgewählt, montiert und kommentiert. Nicht selten hat er die kurzen Augenblicke, die eine Epoche ausmachen, exemplarisch in familiären Erinnerungsbildern gefunden. Nur wenige Sequenzen dieser Edition, die Momente zwischen 1918-1990 dokumentiert, geben Einblicke in das Leben einer Arbeiterfamilie und auch Privatbilder großer historischer Ereignisse sieht man nicht sehr oft. Dies sagt natürlich etwas über die Fotografen, ihr soziales Umfeld und ihr politisches Interesse aus.

Christian Staas, der Chefredakteur von ZEIT Geschichte erwähnt in seinem Vorwort, dass in der Geschichtswissenschaft der Ereignisgeschichte in den letzten Jahrzehnten keineswegs bloß die Sozialgeschichte, Kulturgeschichte und die "intellectual history" - zur Seite getreten ist, sondern auch die Mentalitäts- und die Alltagsgeschichte, die sogenannte "visual history". Diese berichtet vom Wandel der Bilder und deutet den historischen Wandel aus Bildquellen heraus.

In den DVDs thematisieren: Zwischen Weltkrieg und Diktatur, 1918- 1932 Schöner Schein, Gewalt und Nazikult, 1933-1939 Blitzkriege, Vernichtung und totale Niederlage, 1939-1945 Wir werden wieder wer, Westzonen und Bundesrepublik, 1945-1960 Aufstehen aus Ruinen, SBZ und DDR, 1945-1960 Wohlstand für alle, Bundesrepublik, 1961-1971 Krisenjahre-Wendejahre; Bundesrepublik, 1972-1990 Mauer, Platte und Wiedervereinigung, DDR, 1961-1990 Im Begleitbuch äußert sich Dr. Dr. Joachim Castan in einem Beitrag zunächst über die Geschichte im Film und teilt den Lesern mit, dass mit der vorliegenden DVD-Edition "Nahaufnahmen" medial Neuland betreten wird: deutsche Geschichte aus dem Blickwinkel von Privatleuten- jenseits der offiziellen Berichterstattung von Wochenschauen, Propagandafilmen oder dem Fernsehen.

Castans zitiert in seinem Beitrag nicht grundlos die amerikanische Intellektuelle Susan Sonntag, die 2003 in einem Essay postulierte "Wer den Fortbestand der Erinnerung sichern will, der hat es unweigerlich mit der Aufgabe zu tun, die Erinnerung ständig zu erneuern, ständig neue Erinnerung zu schaffen- vor allem mit eindringlichen Fotos."(S.15). Castan ist der Meinung, dass das, was für Fotos gelte, in einem noch höheren Maße für filmische Überlieferung gelten müsse, weil Filme eindringlicher als die meisten Fotos Geschichtsbilder und unsere Vorstellung von Geschichte prägten. In dieser Einschätzung stimme ich ihm zu.

Im Begleitbuch werden die historischen Fakten, die in den Filmen oft indirekt zum Ausdruck kommen, in acht Kapiteln näher dargestellt. Dazu kommen Kurzbiographien von namhaften Persönlichkeiten, Begriffserläuterungen, wie etwa zur "Dochstoßlegende" oder auch zur "Gruppe 47 und die deutsche Nachkriegsgesellschaft". Kartenmaterial vervollständigt das Begleitbuch, nach dessen Lektüre man das Bildmaterial weitaus besser analysieren kann. Der Zeitgeist nimmt zwar nicht immer von dem kleinsten Moment Besitz. Ob man sich ihm entziehen kann, möchte ich bezweifeln. Dieser Zweifel wurde durch die DVDs bestärkt

 Empfehlenswert.

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